Me-too: ein Reizwort


Heinz Reichmann, Dresden

Es wäre sicherlich zu begrüßen, wenn künftig neue Medikamente, die zu einer gegebenen Substanzklasse gehören, nur noch dann zugelassen werden, wenn sie gegenüber den bisher verfügbaren einen erkennbaren Vorteil bieten. Wir würden dann eine wesentlich übersichtlichere Medikamentenliste besitzen.

Leider ist dieser Anspruch nicht so einfach umzusetzen, da nahezu jede Substanz spezifische Eigenschaften aufweist und nicht einfach austauschbar ist. Somit müssen auch die Zulassungsbehörde und natürlich auch Institutionen wie die Kassenärztliche Vereinigung sich zurückhalten, Medikamente zum Me-too-Präparat zu machen, wenn das nicht belegbar ist.

Auf den ersten Blick mögen MAO-B-Hemmer und Dopaminagonisten aus dem Feld der Parkinson-Krankheiten, die Interferone in der Multiple-Sklerose-Therapie, die Thrombozytenfunktionshemmer und Fibrinolytika beim Schlaganfall, die Triptane bei der Migräne und die Antiepileptika bei Epilepsie austauschbar sein, da sie alle unter einer Wirkstoffgruppe geführt werden können. Für die Spezialisten weisen sie aber doch deutliche Unterschiede auf, so dass man bei diesen Beispielen von der Produktvielfalt profitiert.

Meine Meinung ist, dass zugelassene Präparate auch angewendet werden dürfen müssen und dass es nicht gerechtfertigt ist, sie gar zu verbieten oder nicht mehr zu vergüten. Es kann aus meiner Sicht auch nicht die Aufgabe einer kassenärztlichen Vereinigung sein, die Verschreibung gewisser Medikamente zu verhindern. Sehr wohl könnte es ihr aber zukommen, mit ihren Mitgliedern Therapiestandards entsprechend den Leitlinien der zuständigen Fachgesellschaften zu diskutieren und damit auch durchaus manche Medikamente zu empfehlen und andere nicht zu empfehlen.

So wichtig die Ökonomie ist, so sehr muss der oberste Grundsatz weiter gelten, dass Patienten mit den bestmöglichen Medikamenten und Behandlungen versorgt werden müssen. Meist wird sich das sogar auszahlen, da Patienten dann weniger lang arbeitsunfähig sind und mancher Krankenhaus-Aufenthalt verhindert werden kann.

Konkret konnte dies für die Parkinson-Therapie nachgewiesen werden, wo der initiale Einsatz von teuren Medikamenten in der Lage ist, die kostspieligen Phasen der Erkrankung hinauszuschieben, was bei der nahezu normalen Lebenserwartung von Parkinson-Patienten erhebliche Kosten spart und – was uns als Ärzte noch mehr überzeugen sollte – eine deutlich bessere Lebensqualität für unsere Patienten ermöglicht.

Psychopharmakotherapie 2008; 15(01)