Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen
Hintergrund
Die Prävalenz der Epilepsien nimmt mit höherem Lebensalter zu. Die meisten dieser Epilepsien sind symptomatisch und bedingt durch Schlaganfälle, Hirntumoren oder neurodegenerative Erkrankungen sowie Missbrauch von Medikamenten oder Alkohol. Ältere Menschen sind auch besonders anfällig für Nebenwirkungen von Antiepileptika. Insgesamt gibt es noch relativ wenige randomisierte Vergleichsstudien von Antiepileptika bei älteren Menschen.
Studiendesign
In die vorliegende Studie wurden daher Menschen im Alter über 65 Jahre mit einer neu diagnostizierten Epilepsie eingeschlossen. Die Behandlung erfolgte insgesamt über 40 Wochen. Die Patienten erhielten entweder Lamotrigin (n=93) oder retardiertes Carbamazepin (n=92). Die initiale Dosis betrug 25 mg für Lamotrigin, die Erhaltungsdosis 100 mg und die höchstzulässige Dosis 500 mg während bei Carbamazepin die entsprechenden Dosierungen 100 mg, 400 mg und 2 000 mg pro Tag waren. Der primäre Endpunkt war ein Verbleib in der Studie.
Ergebnisse
In der Lamotrigin-Gruppe schlossen 68 Patienten, dies entspricht 73%, die 40-wöchige Studie ab. In der Carbamazepin-Gruppe waren es 61 Patienten, dies entspricht 67%. Der Unterschied war statistisch nicht signifikant. Die Zahl der Patienten, die die Behandlung abschlossen und in den letzten 20 Wochen anfallsfrei waren, betrug 52% in der Lamotrigin-Gruppe und 57% in der Carbamazepin-Gruppe. Studienabbrüche wegen Nebenwirkungen gab es bei 14% der Patienten unter Lamotrigin und 25% unter Carbamazepin.
Zusammengefasst zeigt diese Studie, dass ältere Menschen mit symptomatischer Epilepsie sowohl mit Lamotrigin wie mit Carbamazepin gut behandelt werden können. Bei praktisch gleicher Wirksamkeit hat Carbamazepin etwas häufiger Nebenwirkungen.
Kommentar
Für den Einsatz von Antiepileptika ist es wichtig, auch außerhalb des üblichen Verschreibungsalters vernünftige Daten aus klinischen Studien zu gewinnen. Dies trifft sowohl für Kinder und Jugendliche wie für ältere Menschen zu. Insbesondere ältere Menschen haben größere Schwierigkeiten bei der Verträglichkeit und hier kann es auch häufiger zu Medikamenteninteraktionen mit anderen Substanzen kommen. Daher ist es wichtig, direkte Vergleichsstudien durchzuführen. Dabei zeigt sich hier, dass Lamotrigin und Carbamazepin eine identische Wirksamkeit haben. Wie auch die klinische Erfahrung zeigt, hat Carbamazepin etwas häufiger und mehr Nebenwirkungen als Lamotrigin.
Quelle
Saetre E et al., on behalf of the LAM 40089 Study Group. An international multicenter randomized double-blind controlled trial of lamotrigine and sustained-release carbamazepine in the treatment of newly diagnosed epilepsy in the elderly. Epilepsia 2007;48:1292–302.
Psychopharmakotherapie 2008; 15(01)