Schizophrenie

Bei welchen Patienten gelingt die Langzeittherapie?


Dr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Für den Erfolg der antipsychotischen Langzeittherapie von Schizophreniepatienten sind neben der symptomatischen Besserung auch die Besserung der Alltagsfunktionen und des subjektiven Wohlbefindens ausschlaggebend. Das zeigen zum Beispiel die Daten der SOHO(Schizophrenia outpatients health outcomes)-Anwendungsbeobachtung.

Im Rahmen dieser Anwendungsbeobachtung (AWB) werden europaweit die Behandlungsverläufe von 10972 Patienten dokumentiert, die zu Dokumentationsbeginn auf ein Antipsychotikum ein- oder umgestellt wurden, und zwar auf ein orales atypisches Antipsychotikum (Olanzapin, Clozapin, Risperidon, Amisulprid, Quetiapin), auf ein orales konventionelles Antipsychotikum („Typikum“) oder auf ein Depottypikum. In Deutschland wurden 2960 Patienten in die AWB eingeschlossen.

Von knapp 7800 Patienten, die zu Beginn auf eine antipsychotische Monotherapie eingestellt worden waren, erhielten nach 36 Monaten 42% nicht mehr die initial verordnete Therapie, sondern ein anderes, ein zusätzliches oder gar kein Antipsychotikum. Diese Abbruchquote war am niedrigsten mit Clozapin oder Olanzapin (33 bzw. 36%), am höchsten mit Quetiapin (66%). Die Abbruchwahrscheinlichkeit war erhöht, wenn die Patienten zu Beginn einen höheren CGI-Gesamtscore aufwiesen oder/und gleichzeitig Stimmungsstabilisierer einnahmen (insgesamt also schwerer krank waren); weitere Prädiktoren waren Substanzmissbrauch und feindseliges Verhalten in den 6 Monaten vor der Eingangsuntersuchung. Patienten, die erstmals ein Antipsychotikum einnahmen, sowie sozial aktive Patienten blieben dagegen mit höherer Wahrscheinlichkeit auf der initialen Therapie.

Remission – symptomatisch und funktional

Die Daten von gut 6500 Patienten konnten in Hinblick auf eine Remission ausgewertet werden. Als symptomatisch remittiert galten Patienten, die gemäß Clinical Global Impression Scale (CGI) allenfalls noch leicht krank waren (CGI-Gesamtscore sowie Subscores für Positiv- und Negativsymptomatik und Kognition ≤3), diesen Level für mindestens 6 Monate hielten und nicht stationär behandlungsbedürftig wurden. Nach 36 Monaten betrug die Remissionsrate 65% (n= 4206). Die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen einer Remission war in allen Vergleichsgruppen niedriger als in der Olanzapin-Gruppe, mit Odds-Ratios zwischen 0,59 (Depottypika) und 0,78 (Clozapin). Prädiktoren für eine höhere Remissionswahrscheinlichkeit waren neben der Medikation weibliches Geschlecht, gute Sozialkontakte und eine kürzere Erkrankungsdauer.

Die 24-Monats-Daten der deutschen Teilnehmer wurden zusätzlich in Hinblick auf eine funktionale Remission und eine Remission des subjektiven Wohlbefindens ausgewertet. Erstere bedeutet, dass der Patient einer (bezahlten oder unbezahlten) Voll- oder Teilzeitbeschäftigung nachgeht und zu einer unabhängigen Lebensführung in der Lage ist. Eine Remission des subjektiven Wohlbefindens wurde konstatiert, wenn der SWN-K-Score (Kurzform der Subjective Well-being under Neuroleptics Scale) mindestens 80 Punkte betrug.

Die Remissionsraten nach 24 Monaten betrugen

l 49,1% für die symptomatische Besserung,

l 35,2% für die funktionale Besserung,

l 40,2% für die Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens,

wobei 16,5% der Patienten alle drei Kriterien erreichten. Insgesamt entwickelte sich die subjektive Befindlichkeit bei Patienten, die mit Atypika behandelt wurden, günstiger als bei Behandlung mit konventionellen Antipsychotika (Abb. 1). Dabei verliefen die Einzelkurven von Olanzapin und Risperidon etwas oberhalb, die Kurve von Quetiapin unterhalb der Atypika-Summenkurve (nicht dargestellt).

Abb. 1. Subjektives Wohlbefinden, gemessen mit der SWN-K-Skala, in der deutschen Kohorte der SOHO-Studie (n= 2960), differenziert nach Atypika und Typika [nach Naber und Lambert]

Prädiktoren für eine Remission waren – neben günstigen Ausgangswerten im jeweiligen Bereich – ein rasches Ansprechen auf die Therapie (= frühe Besserung) sowie junges Alter und weibliches Geschlecht für eine funktionale Remission; außerdem sprach eine frühe Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens für eine symptomatische Remission und umgekehrt. Der Zusammenhang zwischen subjektivem Wohlbefinden und Symptomatik kann dabei je nach Antipsychotikum unterschiedlich sein. So weiß man aus anderen Untersuchungen, dass bei Olanzapin-behandelten Patienten das subjektive Wohlbefinden am ehesten mit noch vorhandenen Negativsymptomen korreliert, bei dem konventionellen Antipsychotikum Haloperidol dagegen so stark mit motorischen Störungen, dass ebenfalls vorhandene Negativsymptome in den Hintergrund geraten.

Die Angehörigenperspektive

Eine Besserung der Schizophreniesymptome, der Alltagsfunktion und der Lebensqualität zu erreichen, ist nicht nur im Interesse der Patienten, sondern auch ihrer Angehörigen. Diese sind zum Teil erheblich belastet, wie zum Beispiel eine Erhebung der World Federation of Mental Health (WFMH) bei 982 pflegenden Angehörigen von Patienten mit Schizophrenie/schizoaffektiver Störung oder bipolaren Erkrankungen zeigte. Unter den Angehörigen von 100 Patienten aus Deutschland wandten 52% mindestens 20 Stunden pro Woche für die Betreuung auf. Viele Angehörige fühlten sich offenbar mit ihren Problemen allein gelassen, denn 56% wünschten sich, dass der behandelnde Arzt neben der Akutbehandlung einen stärkeren Akzent auf die Langzeittherapie setzen möge.

Quellen

Prof. Dr. med. Dieter Naber, Priv.-Doz. Dr. med. Albert Putzhammer, Kaufbeuren, Pressegespräch „Zyprexa® – kann ein Atypikum neue therapeutische Dimensionen in der Behandlung der Schizophrenie erschließen?“, veranstaltet von Lilly Deutschland GmbH im Rahmen des DGPPN-Kongresses 2006, Berlin, 23. November 2006.

Novick D, et al. Effectiveness of antipsychotic treatment in outpatients with schizophrenia: 36-month results from the Schizophrenia Outpatients Health Outcomes (SOHO) study [Poster]. AEP 14th European Congress of Psychiatry, Nizza, 4. bis 8. März 2006.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(02)