Idiopathische Parkinson-Krankheit

Mit Ropinirol langfristiger Erhalt der Alltagskompetenz bei minimiertem Dyskinesie-Risiko


Gabriele Blaeser-Kiel, Hamburg

Die 10-Jahres-Daten eines Vergleichs von Ropinirol mit Levodopa lassen einen nahezu identischen klinischen Effekt erkennen. Bei den Parkinson-Patienten in der Dopamin-Agonisten-Gruppe war jedoch die kumulative Inzidenz von Dyskinesien signifikant niedriger.

In vielen nationalen und internationalen Leitlinien wird empfohlen, bei Parkinson-Kranken initial statt Levodopa einen Dopamin-Agonisten einzusetzen. Die Eingrenzung auf „junge“ Patienten ist eher biologisch als kalendarisch definiert. Auch über 70-Jährige gelten erst dann als „alt“, wenn sie dement oder multimorbide sind.

Die Empfehlung erfolgt vor allem unter für den Langzeitverlauf relevanten Gesichtspunkten. Levodopa ist zwar die akut wirksamste Option. Doch je nach Erkrankungsalter ist bereits nach 5-jähriger Therapie in 50 bis 90% der Fälle mit dem Auftreten von Dyskinesien zu rechnen. Als Ursache wird die mit den fluktuierenden Plasmaspiegeln verbundene pulsatile Stimulation der Dopamin-Rezeptoren vermutet.

Was sich mit dem in Leitlinien propagierten Therapiekonzept erreichen lässt, zeigt die kürzlich erfolgte Endauswertung einer internationalen Multicenterstudie. In der ersten Phase waren 268 Patienten mit gerade diagnostizierter Parkinson-Krankheit randomisiert doppelblind mit Ropinirol (Requip®) oder Levodopa behandelt worden.

Die Analyse der Daten nach 5 Jahren ergab für die Alltagskompetenz und die motorischen Einschränkungen (UPDRS-Scores II und III) keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Die kumulative Dyskinesie-Inzidenz war jedoch in der Ropinirol-Gruppe (20%) statistisch signifikant geringer als in der Levodopa-Gruppe (45%) (p<0,001).

Für die Teilnahme an der offenen Verlängerungsstudie – ohne therapeutische Restriktionen, aber mit weiterhin engmaschigen Kontrolluntersuchungen – konnten aus der Ropinirol-Gruppe 42 und aus der Levodopa-Gruppe 27 Patienten mit vergleichbaren demographischen und klinischen Variablen gewonnen werden. Am Ende des 10. Beobachtungsjahrs waren kein Patient der vormaligen Ropinirol-Gruppe und nur 4 der vormaligen Levodopa-Gruppe noch unter der ursprünglichen Monotherapie. Trotzdem waren in der initial mit dem Dopamin-Agonisten behandelten Studiengruppe noch immer statistisch signifikant mehr Patienten frei von Dyskinesien (Abb. 1), während sich beim klinischen Bild (UPDRS-Scores II und III) weiterhin keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen erkennen ließen.

Abb 1. Der Nutzen einer initialen Monotherapie mit Ropinirol – gemessen am Auftreten von Dyskinesien – ist auch nach 10 Jahren noch nachweisbar (p=0,0457) [nach Brooks]

Diese Studie widerspricht dem weit verbreiteten Vorurteil der unterlegenen symptomatischen Wirksamkeit der Dopamin-Agonisten. Als unerlässlich gilt jedoch eine angemessene Dosierung. Bei Ropinirol stellt sich ein zufriedenstellender symptomatischer Effekt in der Regel bei 8 bis 10 mg/d ein. Danach sollte die Dosis stetig an die mit der progredienten neurodegenerativen Entwicklung an Intensität zunehmende Symptomatik angepasst werden. Im Gegensatz zu einigen anderen Dopamin-Agonisten hat Ropinirol keinen „Deckeneffekt“ und mit der zugelassenen Dosisobergrenze von 24 mg/d eine sehr große Therapiereserve.

Quellen

Prof. Dr. med. David Brooks, London, Großbritannien, Prof. Dr. med. Mark Stacy, Durham, USA. Satellitensymposium „Dopamine agonists in clinical practice: PD treatment today and tomorrow”, veranstaltet von GlaxoSmithKline anlässlich des 16th International Congress on Parkinson’s Disease and Related Disorders (ICPD), Berlin, 9. Juni 2005.

Rascol O, et al. A five-year study of the incidence of dyskinesia in patients with early Parkinson’s disease who were treated with ropinirole oder levodopa. N Engl J Med 2000;342:1484–91.

Psychopharmakotherapie 2006; 13(02)