Die dopaminerge Neurotransmission hat eine zentrale psychopathologische Rolle für die Schizophrenie. Der Hirnentwicklung-Hypothese zufolge kommt es durch frühe mesiotemporale Läsionen zu einer verstärkten phasischen Dopamin-Ausschüttung im Striatum. Dies hat unter anderem zur Folge, dass das mesolimbische dopaminerge Belohnungssystem (ventrales Tegmentum, Nucleus accumbens) überaktiv ist. Der physiologische Zweck dieses Belohnungssystems ist, Stimuli oder Empfindungen zu verstärken, die für den Organismus etwas Angenehmes (Freude, Hedonik, „gutes Gefühl“) bedeuten. Dopamin moduliert dabei die Antizipation und Motivation, eine Belohnung zu erlangen, aber nicht den eigentlichen Konsum der Belohnung.
Bei Patienten mit Schizophrenie liegt ein hyperdopaminerger Zustand vor. Dieser führt dazu, dass sehr viele Stimuli und ihre inneren Repräsentationen als bedeutsam wahrgenommen werden und es letztlich zu einer Reizüberflutung und einem Zusammenbruch des Informationsprozesses kommt. Der von Dopamin vermittelte Anreiz, inneren und äußeren Stimuli eine Bedeutung zu geben („motivationale Verstärkung“), wird durch die Behandlung mit Antipsychotika gedämpft – im günstigen Fall bis auf ein Niveau, das eine „normale“ Auseinandersetzung mit solchen Stimuli ermöglicht. Allerdings verursachen vor allem typische Antipsychotika eine so weit gehende D2-Rezeptorblockade, dass nur noch wenigen Stimuli eine Bedeutung zugeschrieben wird. Das äußert sich in Depressionen, die bei bis zu 60% der Patienten auftreten, sowie in sekundärer Negativsymptomatik (Verlust von Antrieb und Motivation, Apathie, Anhedonie). Dadurch wird auch die Compliance negativ beeinflusst.
Motivation sichtbar gemacht
Dass mesolimbische Strukturen bei Erwartung eines bedeutungsvollen Ereignisses aktiviert werden, lässt sich mit der funktionellen Kernspintomographie (fMRI) sichtbar machen. In einem typischen Versuchsansatz wird den Probanden an einem Bildschirm für 250 ms ein Reiz präsentiert, der für einen zu erwartenden Geldgewinn (oder einen zu vermeidenden Geldverlust) steht. Es folgt eine Pause von 2000 bis 2500 ms, dann wird ein Zielreiz präsentiert, den der Proband möglichst rasch mit einem Knopfdruck beantworten muss, um seinen Gewinn zu erhalten (oder den angekündigten Betrag nicht zu verlieren). Die Dauer des Zielreizes wird dabei der Reaktionszeit des Probanden angepasst (max. 1000 ms), so dass dieser in etwa zwei Drittel der Fälle rechtzeitig reagiert.
Eine fMRI-Aufnahme in der Pause vor dem Zielreiz spiegelt dessen Antizipation wider oder, anders ausgedrückt, die von der zu erwartenden Belohnung ausgehende Motivation, den Zielreiz als besonders bedeutsam anzusehen. Bei gesunden Probanden ist in dieser Phase eine Aktivierung des ventralen Striatums (mit dem Nucleus accumbens) zu beobachten. Bei unbehandelten Schizophrenie-Patienten bleibt diese Aktivierung weitgehend aus, wie in einer Untersuchung mit zehn Patienten gezeigt werden konnte. Infolge des hohen „Grundrauschens“ der dopaminergen Aktivität (das herausgerechnet wird) kann hier keine zusätzliche Aktivierung nachgewiesen werden.
Erste Untersuchungen ergaben, dass auch unter dem Einfluss typischer Antipsychotika die Aktivierung des ventralen Striatums ausbleibt, während sie unter atypischen Antipsychotika zu einem gewissen Grad erfolgt. Bei der Umstellung von einem typischen Antipsychotikum auf ein atypisches (Risperidon) verschiebt sich die Reaktion des ventralen Striatums in Richtung auf die Reaktion bei gesunden Kontrollpersonen, wie Untersuchungen an bislang acht männlichen Patienten ergaben. Weitere Studien hierzu sind in Planung oder werden bereits durchgeführt.
Quelle
Prof. Dr. Georg Juckel, Bochum, Satellitensymposium „Langzeittherapie der Schizophrenie – Aktuelle Erkenntnisse und Perspektiven“, veranstaltet von Janssen-Cilag im Rahmen des DGPPN-Kongresses, Berlin, 23. November 2005. ho
Psychopharmakotherapie 2006; 13(02)